DRITTE HISTORISCHE WANDERUNG
DURCH SILBERBACH

Im Frühjahr oder im Herbst ist die beste Zeit, um Silberbach zu erkunden. Daher haben wir bewusst den Sommer ausgelassen, in welchem die Blätter der Bäume die Sicht auf die herrlichen Winkel, Wiesen, Berge und die verträumten darin liegenden Häuschen verdecken, die von weitem bereits eine gewisse Gemütlichkeit ausstrahlen. Ja, der Herbst, der goldene Oktober war die bessere Wahl für eine Erkundung - und diese gingen wir am Sonntag, den 5. Oktober um 10:00 Uhr vor der Silberbacher Pfarrkirche an.

Obwohl wir die Wanderung wegen der zweimonatigen Redaktionspause der Graslitzer Nachrichten wieder nicht in der Heimatzeitung ankündigen konnten, war das Aufkommen an Silberbach-Interessierten diesmal enorm. Wir waren eine bunt gemischte Truppe: Einige Wanderfreunde aus dem benachbarten Klingenthal und Auerbach in Sachsen, aber auch aus Berlin und Kassel waren Silberbacher Nachfahren vertreten - alle mit dem einen Ziel mehr über den wunderschönen Ort und seine spannende Geschichte zu erfahren.

Fast alle waren bereits pünktlich um 10 Uhr am Treffpunkt. Wir warteten trotzdem die bekannte "akademische Viertelstunde" auf eventuelle Nachzügler. Dies gab uns auch die Gelegenheit sich gegenseitig etwas auszutauschen. Viele interessante Geschichten waren zu hören - man merkte, dass es sich hier um wissbegierige, intelligente Menschen handelte, so dass aus der viertelten eine halbe Stunde wurde bis wir mit der ersten Besichtigung - nämlich des am Treffpunkt sich befindlichen Kriegerdenkmales begannen. Viele der Wanderfreunde konnte den einen oder anderen Namen aus deren Familie wiedererkennen.

Anschließend gingen wir ein Stück den Friedhofshang aufwärts, wo Jaro eine uralte Karte herauskramte und die frühere Einteilung von Silberbach erklärte. Viele neue Erkenntnisse - u. a. über das einzige Messingwerk in Böhmen, das große Kuriosum wurde den interessierten Zuhörern preisgegeben. Anschließend ging der Weg weiter über den Ortsteil "Am Bau".

Doch diesmal bogen wir nach kurzer Zeit rechts ab und nahmen einen mit Gras bewachsenen Trampelpfad, der unterhalb der Hauptstraße in das sogenannte "Anger Dörfl" führte. Kaum zu fassen, dass dieser Weg einst eine normale Straße war!

Da standen wir nun, an der Brücke, die über den Silberbach führte. Auf der anderen Seite konnte man noch einige Häuser sehen doch auf dieser Seite gab es nur eine mit Gras zugewachsene Wiese. Und genau dort stand einst das große Messingwerk, später die Starck'sche Vitriolfabrik, die Poppa Blaudruckerei und zuletzt der größte Arbeitgeber, die Fabrik des Franz Anger. Nur ein Stück der einstigen Wasserleitung mit Wasserkraft-Turbine lässt erkennen, dass hier fleißig gearbeitet und industriell gefertigt wurde.

Wir erklärten die ehemaligen Standorte der prächtigen Anger-Fabrikantenvilla, der alten Kapelle (diese wurde für die evangelischen Messingwerksarbeiter erbaut) und des Trocknungsturmes der Blaudruckerei. Von all den imposanten Bauwerken ist nur noch das Gendarmeriegebäude übrig geblieben.

Über einen weiteren Trampelpfad ging es nach "Amerika". Ganz recht, lieber Leser, von Silberbach aus kommt man schnell dorthin - so wurde nämlich liebevoll der Ortsteil "Karrenhansenhäuser" genannt, weil sich dieser hinter dem Bach - hinter dem Wasser befindet. Noch heute heißt man es so.

Das erste Haus auf der rechten Seite war ein ideales Beispiel eines ursprünglichen Silberbacher Hauses. Dort wohnte der "Bienenschuster-Franz", ein Imker, dessen Nachfahren noch heute in Graslitz und Eibenberg wohnen. Im Haus soll es heute noch nach Honig riechen.

Vorbei an den anderen Häusern, die vor allem für Jaro und mich eine große Bedeutung haben, da dort unsere Ahnen, die Lausmanns, lebten ging es einen beschwerlichen, steilen Weg hinauf auf den Tobisenberg. Kurz davor bogen wir rechts auf den "oberen Weg", die Kirwähut, ab. Unterhalb des Tobisenberges, danach des Hofberges, gingen wir mit großen Schritten in Richtung "Hof", machten aber immer wieder Halt, denn wo die Bäume sich lichteten hatte man einen herrlichen Ausblick auf den Ortsteil "Am Bau", auf die Kirche und die Bürgerschule. Die besten Fotos konnte man von dort aus schießen. Kaum zu glauben, dass die Sicht früher kaum durch Bäume versperrt wurde. Dies war die Seite, an welcher die Sonne am längsten schien.

Am Ende des Weges gelangten wir zum Hof, dem heutigen Ortskern. Eigentlich wäre nun ein Abstecher über den Birkenweg zu den Winkeln und über die Hofwiese zurück zum Hof geplant gewesen, doch ein Blick auf die Uhr zeigte, dass die vereinbarte Rückkehrzeit, zu welcher manche Mitwandernde wieder am Parkplatz unterhalb der Kirche abgeholt wurde, fast gekommen war.

So nutzten wir die noch verbleibende Zeit und erklärten ausführlich die Geschichte des einstigen Meierhofes, der dem Ortsteil seinen Namen gab, von der Leopoldgasse, an deren Stelle einst ein Teich war und der Entwicklung des Ortsteiles bis heute.

Der letzte Weg zu unserem Ausgangspunkt - der Kirche - war angebrochen.

Ich konnte es nicht lassen zu erwähnen, dass am Platz des nun verfallenen Konsumgebäudes das Gasthaus und Metzgerei meiner Familie stand und drumherum viele weitere Häuser waren: So zum Beispiel der Gasthof Wawor, das Kino, die Drogerei, die Schmiede und viele mehr. Über den Hofknock, vorbei an der heutigen Gemeinde, dem neu errichteten Imbiss und der vor kurzem verkauften - und damit vor dem Verfall geretteten Bürgerschule kamen wir wieder an der Silberbacher Kirche an.

Während die ersten ihre Heimreise antraten packten zur Überraschung aller anwesenden einige Mitwandernde ganze Thermoskannen voll Kaffee und Brotzeit aus, so dass wir die herrliche Wanderung bei schönstem Wetter mit einem Picknick unterhalb der Silberbacher Pfarrkirche langsam ausklingen ließen.

 

Benjamin Hochmuth (Karlwenz/Wenz)
Jaroslav Zapletal (Rußklan/Wenz)