AUF DEN SPUREN DER AHNEN

- Bericht unserer vierten historischen Wanderung durch Silberbach –
von und mit Jaroslav Zapletal und Benjamin Hochmuth


Bei unserer letzten und gut besuchten Wanderung fragte uns Peter Meisel, der als Gesandter des Klingenthaler Wandervereins teilnahm, ob wir den nächsten historischen Rundgang für diesen mit ausrichten könnten. Wir freuten uns sehr, dass auch von unseren Nachbarn ein solch großes Interesse an der Erkundung des Ortes bestand und sagten selbstverständlich zu.

Da es bei unseren Wanderungen vor allem auch darum geht das Interesse an der alten Heimat bei Silberbachern und deren Nachfahren zu wecken, schalteten wir gleichzeitig mehrere "Annoncen" in den Internetmedien sowie den Graslitzer Nachrichten.

Wir staunten nicht schlecht, als wir am 19.04.2015 um 09:00 Uhr weit über 50 Personen an unserem Treffpunkt - der Silberbacher Kirche - vorfanden - unter ihnen auch viele bekannte Gesichter. So sollte diese Wanderung unsere bisher größte historische Erkundungstour durch die Vergangenheit des Ortes werden.

Nach einer kurzen Begrüßung starteten wir den Rundgang am Wahrzeichen Silberbachs, der 1910 im neugothischen Stil erbauten Pfarrkirche im Ortsteil "Am Bau" unterhalb des etwa 15 Jahre vorher errichteten Friedhofes.

Silberbach zählte mit einer Höchsteinwohnerzahl von 4454 Einwohnern (davon fast ausschließlich deutsche Bürger und etwa 20 tschechische Einwohner) und über 700 Häusern zu den größten Gemeinden im Umkreis. Die letzte Zählung vom 31.12.2014 ergibt heute nur noch eine Einwohnerzahl von 441 Seelen.

Der gesamte Ortsteil "Bau" der in früherer Zeit den Ortskern bildete erstreckte sich vor uns. Durch alte Fotos zeigten wir das Leben, das dort einst herrschte. Es befand sich dort das Gemeindeamt, die Schule, das Postamt und Böhmens einziges Messingwerk, das zu seiner Zeit Weltruhm genoss.

Über die Bleizeche gelangten wir in den Baumatzengrund, dessen Häuser sich einst fast bis nach Schwaderbach erstreckten. Heute ist hiervon fast nichts mehr zu sehen. Als wir unseren Weg ins schöne Nancy Tal fortsetzten, fiel unser Blick auf die prächtige im Schweizer Stil errichtete "Schmausn Villa", die vom Fabrikanten Kunzmann zusammen mit zwei Fabrikgebäuden erbaut wurde. Nach dem Ende des Betriebes durch den Schwiegersohn Leo Liehmann wurde das heute nicht mehr existente linke Fabrikgebäude erst als Spielwarenherstellung, dann von Karl Meinlschmidt als Stickerei genutzt. Das rechte Gebäude wurde zum beliebten Sporthotel Riedl mit Tanzdiele, das auch heute noch als "Pension Filip" betrieben wird.

Vorbei an der Annagasse und den beiden Christl-Häusern gelangten wir in das romantisch verwunschene Nancy-Tal. Von dem am Hügel gelegene ehemalige Haus des Saml (Baumgartl) Richard hatten wir einen guten Überblick über das gesamte Tal. Mit einem alten Foto, das genau von diesem Punkt aufgenommen wurde, schockierten wir unsere Wanderfreunde - denn das auf dem Foto mit Häusern gespickte Tal ist heute völlig leer. Drei Sägewerke, mehrere Gasthäuser, Kaufläden, eine Sodafabrik und sogar eine Schule - alles wurde dem Erdboden gleich gemacht. Lediglich einige Häuser stehen noch als Wochenendhäuser sowie die Überreste des Lausmann-Sägewerkes. Nur eine Familie, die Campingplatzbesitzer Müller haben im Forsthaus am "Vorderen Steinbach" ihren festen Wohnsitz. Jede Station in Nancy wurde mit alten Fotos beschrieben - nur dadurch wurde der Ortsteil, der fast einem eigenen kleinen Dorf glich in unseren Gedanken wieder lebendig.

Am End' der Welt - einem Platz, an dem einst eines der größten Ausflugslokale gleichen Namens stand und an das nur noch der "Nancy-Gedenkstein" der Freunde der Stadt Graslitz erinnert, machten wir kurz Rast und beendeten den Aufenthalt am hinteren Ende, dem sogenannten Teil "Glashütte" mit einer Besichtigung des Platzes, an dem einst die große Keilwerthsche Glashütte stand. Erstmals verrieten wir den genauen Standort den wir in alten Karten entdeckt hatten.

Übrigens: Es gibt zwei Theorien über die Entstehung des Namens "Nancy". Die bekannteste Theorie ist wohl der Kosename "Nancy" der Gräfin Nostitz, für die der Graf das einst imposante Jagdschlösschen und Forsthaus im Tal baute. Die zweite Theorie jedoch besagt, dass die Frau des Glashüttenbesitzers Keilwerth aus dem Ort Nancy in Lothringen stammte, was auch wahrscheinlicher ist, da in der alten Karte am Platze der Glashütte bereits das Wort "Nuancy" vermerkt ist.

Über den Reitsteig verließen wir rechterhand Nancy und hielten vor der gewaltigen Felsengruppe, den Reitsteigfelsen (heute als "Skalní mesto - Felsenstadt vor allem bei Kletterfreunden beliebt). Nach steilem Aufstieg erreichten wir die erste Ebene und machten dort eine längere Rast. Hier hatten wir die Gelegenheit uns alle etwas besser kennen zu lernen. Es war ein gemütliches Beisammensein unter netten Menschen.

Es sei noch zu erwähnen, dass die Teilnehmer während der Wanderung nicht nur die Geschichte des Ortes sondern auch das Brauchtum, die Mundart und Mentalität der Silberbacher erfuhren. Die ein oder andere "Showeinlage" wurde dabei ebenfalls geboten.
Sprüche von Jaro wie : Dort uam am klann Berchl, doo steht e klas Haus, do guckt der Votte Hannes aasm Fenster hinaus“ oder „Feierestnkehrer schwoaza Moo“ sorgten für schallendes Gelächter und präsentierten zugleich den melodischen Klang der Silberbacher Mundart.

Rechterhand nahmen wir anschließend den Weg nach Obersilberbach und bogen am Forsthaus am Peterwinkel links in Richtung Pumawinkel ab. Dieser hat seinen Namen nicht von der Raubkatze, sondern von den Pumpen, die während des Bergbaus nötig waren, um die mit Wasser vollgelaufenen Stollen auszupumpen.

Vorbei an diesem herrlichen Ortsteil und den dort noch erhaltenen ursprünglichen Häusern bestiegen wir den Berg (entlang der Pfaahut), den höchsten Ortsteil Silberbachs. Der Weg wurde beschwerlich, doch entschädigte uns die herrliche Aussicht, die wir oben genossen. Auch hier standen einst viele Häuser, hiervon ist aber heute kein einziges mehr an seinem Platz. Das gesellschaftliche Leben, das dort einst oben herrschte war vollständig erloschen.

An den Felsmauern der Räumer machten wir ein gemeinsames Gruppenfoto und gingen zu unserer letzten Station, einem besonderen Highlight, das eine lebhafte Geschichte aufweist: Den Platz des "Aachkatzl-Hauses". Dieses gehörte dem unter dem bürgerlichen Namen "Richard Lorenz" bekannten Pflasterers, der durch ein Unglück obdachlos wurde und sich in seiner Verzweiflung an der Stelle des späteren Hauses ein Loch als Behausung grub. Die Die braven Silberbacher Bürger könnten dieses Elend nicht mit ansehen und halfen alle zusammen um Richard ein kleines Häuschen zu bauen. Selbst die Gemeinde spielte mit und gab dem Haus scherzhaft die Hausnummer 1000. Ein Bild vom Hebefest zeigte das Haus und das "Aachkatzl" Richard.

Von hier an neigte sich die Wanderung dem Ende zu - wir liefen über den Hammerrain den Berg hinab zum heutigen Ortskern - dem Ortsteil "Am Hof", über welchen wir wieder zu unserem Ausgangspunkt - der Silberbacher Kirche - gelangten. Am Hammerrain erschien plötzlich einer der Teilnehmer spontan aus der Menge und bedankte sich im Namen aller Wanderfreunde für die Führung. Daraufhin erhielten wir von Allen schallenden Applaus.
Die Wanderung hat Ihnen anscheinend gut gefallen.

Insgesamt legten wir eine Strecke von 11 km zurück und waren gut 6 Stunden unterwegs.

 

FAZIT

Diese Wanderung stellte alles Dagewesene in den Schatten. Mit über 50 Teilnehmern war das Aufkommen größer denn je - was uns besonders freute war, dass jeder Einzelne von ihnen sehr großes Interesse zeigte und die Begeisterung enorm war. Ein besonders großes Kompliment, an das wir uns gerne erinnern, war die folgende Aussage eines Wanderfreundes:

"Ich hätte nicht gedacht, dass man über den Ort so viel erfahren könnte - durch Euch wird dieser für uns richtig lebendig."

Unter den Wanderern entpuppten sich auch viele als Nachfahren alter Silberbacher Familien, die etwas über ihre Wurzeln erfahren wollten.

Großer Dank gebührt Peter Meisel vom Wanderverein Klingenthal für die Mitorganisation und Werbung und den Graslitzer Nachrichten für die kurzfristige Veröffentlichung des Termins.

Die nächste Wanderung findet im Herbst diesen Jahres statt. Über rege Teilnahme freuen wir uns.

Benjamin Hochmuth (Karlwenz / Wenz)
Jaroslav Zapletal (Rußklan / Wenz)