Mit großer Bestürzung und tiefem Schmerz mussten wir Abschied von unserer lieben

Traudl Kretschmer (geb. Sattler)
(Karlwenz-Traudl)

nehmen.


Als Cousine meines Großvaters war Traudl für mich ein großer und wichtiger Teil meiner Familie.
Mehrmals im Jahr fuhren wir zu ihr nach Fürstenzell, um bei gemütlichem Beisammensein über alte Familien-
geschichten aus Silberbach, aber auch andere Themen unter viel Freude und Gelächter zu sprechen.
Sie hatte sich dabei bis zuletzt ihren Silberbacher Dialekt erhalten.

Traudl war ein besonderer, herzenswarmer Mensch. Man konnte sie nur gern haben.
Leider durfte ich sie erst im Jahr 2009 kennenlernen, da mein Großvater wenig von der Heimat und seiner
Familie sprach und wir bis zu dem Zeitpunkt nichts von dem Teil unserer Familie wussten.

Wie einen verlorenen Sohn nahmen sie und ihre Tochter Bärbel mich und meine Familie in ihre auf und es war,
als hätten uns die Umstände der Vertreibung, die uns in alle Winde verstreuen ließ, nie getrennt.

Ich bin unheimlich dankbar, dass wir uns noch gefunden hatten und ich noch einige Jahre mit diesem wunderbaren
Menschen verbringen durfte.

Durch sie und meine liebe - bereits im Jahr 2015 verstorbene - Tante Elli erfuhr ich viel von meiner Familie, was
über Jahrzehnte lang verschwiegen wurde. Sie half mir, die Hochmuth's und Sattler's erst richtig kennenzulernen.

Ich möchte hier gerne noch den Nachruf veröffentlichen, den mir Traudls liebe Tochter Bärbel
zur Verfügung stellte, in welchem ihr ganzes Leben auf wunderschöne Weise beschrieben wird und man auch
ganz gut herauslesen kann, was für ein lieber Mensch Traudl war, obwohl sie alles andere als leicht im Leben hatte.

Wir werden Dich nie vergessen, liebe Traudl und hoffen, dass wir uns - wenn für uns die Zeit gekommen ist -
wieder bei Kaffee und Kuchen, bei Würsteln und Erdöpplsaloot (Kartoffelsalat) in der anderen Welt
sehen und miteinander lachen können.

Dein Benny (Hochmuth - Karlwenz Benny vom Hof 221, Silberbach)

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NACHRUF

Traudl Kretschmer wurde am 17. Januar 1925 in Silberbach im früheren Sudetenland geboren. Sie verbrachte dort eine glückliche Kindheit mit ihren Eltern und den beiden Brüdern. Mit dem Krieg ereilte die Familie die traurige Nachricht vom Tod des ältesten Bruders, der bei einem Zugunglück sein Leben verlor. Nach Schule und Pflichtjahr erlernte Traudl den Beruf der Näherin, was sie bis ins hohe Alter als ihr Hobby pflegte.


(Familie Sattler mit Rudolf, Emil, Traudl, Josef und Anna)

Nach dem Krieg wurde sie mit ihrer Familie aus der alten Heimat vertrieben und fand vorerst Unterkunft auf einem Bauernhof in Altenmarkt bei Fürstenzell. Dort lernte sie auch ihren Ehemann Willi kennen, den sie 1951 heiratete. Bis zuletzt waren sie sich in inniger Liebe verbunden und pflegten einen respektvollen und umsorgenden Umgang miteinander.

1952 und 1954 kamen ihre beiden Töchter Ingrid und Bärbel zur Welt. Schon bald darauf bezogen sie ihr neu gebautes Haus am Weinhügel, wo die Familie viele glückliche Jahre verbrachte. Mit ihrer hilfsbereiten und ehrlichen Art waren Traudl und Willi beliebte Nachbarn und hatten viele Freunde, mit denen sie gern ihre Zeit verbrachten.

Nachdem ihre Töchter im Erwachsenenalter beide ihre eigenen Familien gründeten, hatten sie große Freude auch an ihren sechs Enkelkindern. Zu jeder Zeit waren sie eine tatkräftige und liebevolle Unterstützung und das Wohl der anderen stand meist über dem eigenen.

Ein schwerer Schicksalsschlag war der frühe Tod ihrer Tochter Ingrid, die 2005 ein Jahr nach ihrem Ehemann plötzlich verstarb. In Gottvertrauen und dem Wissen um ihre große Liebe zueinander konnten die beiden dem Verlust mit großer Stärke begegnen und sich fortan aufopferungsvoll um die drei noch jugendlichen Enkelsöhne kümmern.


(Bei Traudl im Jahr 2010 mit Traudl, Tochter Bärbel und Benny und
Günther Hochmuth)

Bereits zwei Jahre später musste Traudl nach kurzer, schwerer Krankheit den Tod ihres geliebten Willis verkraften. Auch hier halfen ihr ihr tiefer Glaube und ihre von Grund auf zufriedene Art mit der Situation zurecht zu kommen. Obwohl sein Sterben eine große Lücke in ihrem Leben hinterließ, hatte man nie den Eindruck, dass Traudl das Leben nicht mehr zu schätzen wusste. Im unerschütterlichen Wissen, eines Tages wieder mit ihrem Willi vereint zu sein, konnte sie sich an den kleinen Dingen erfreuen: an ihren vier Urenkeln und -enkelinnen, die íhre "Uri" gern besuchten, an ihrem Kaffee und Kuchen am Nachmittag, an ihren Canastarunden mit ihren Freundinnen oder am blühenden Garten, den sie fleißig pflegte.

So verbrachte sie viele Jahre in ihrem Haus und konnte ihr Leben lange alleine meistern. An ihrem 95. Geburtstag kam nochmal die ganze Familie zusammen, um die Jubilarin hochleben zu lassen. Danach musste Traudl - zunächst nur geplant für einige Wochen - ins Heim. Aufgrund von Corona und ihrer forschreitenden Demenz gab es letztlich leider kein Zurück mehr in ihr Haus. Aber mit der Senioren-WG in Bad Höhenstadt fand sie ein neues Zuhause im eigenen Zimmer mit sehr fürsorglichen Pflegerinnen und Pflegern und sie begegnete auch dieser Sitation mit ihrer gewohnt zufriedenen Art. Vor allem in den letzten Tagen ihres Lebens hat die Belegschaft ihr großes Herz gezeigt und den Abschied liebevoll begleitet - einen herzlichen Dank nochmal an das Team in Bad Höhenstadt für den Trost und die Kraft, die gespendet wurden.

Auch wenn jeder sie schmerzlich vermissen wird, sind doch alle glücklich, wie erfüllt ihr Leben war und wie sie ein jedes der verschiedenen Familienmitgleider und Freunde auf ihre Art bereicherte. In vielen schönen gemeinsamen Erinnerungen lebt Traudl in den Gedanken und im Herzen weiter. Bis auch wir uns wiedersehen.