- Quelle: Adolf Lienert - Graslitzer Nachrichten während der 80er Jahre -

Å,å = dumpfes "a" wie in "Fahne"
Geklammerte Konsonanten werden nicht gesprochen, sie dienen nur zum besseren Verstehen

Es empfiehlt sich, die vorkommenden Beispiele laut zu lesen.


ei = ie

In Silberbach ist der alte Zwielaut "ei" geblieben, wo in der Schriftsprache ein "ie" sich geformt hat.
Davon wollen wir heute einige Proben geben:

Leit = liegt
Deä leit vellichfuät am Faulänzä, wal eä suä oärch Weeding hot
Er liegt immerzu auf dem Sofa, weil er starke Schmerzen hat.

Reicht = riecht
Wännst Dich mit ä rä riichätä Saaf oowescht, noch reichst vü bessä
Wenn Du Dich mit Parfümseife abwäschst, riechst Du viel besser.

Beigst = biegst
Dän Åchtä am veedän Raal, dän beichst wiidä raus.
Das verbogene Vorderrad biegst Du wieder zurecht.

Zeist = ziehst
Dees neiä Gwånd zeist eäläscht am Sunntich ä Kirch åå.
Den neuen Anzug ziehst Du erst am Sonntag zum Kirchgang an.

Freist = frierst
Un däzu zeist Schu åå, noochät freist dich neet.
Und dazu ziehst Du Schuhe an, dann friert Dich nicht.

Scheibst = schiebst
Wännst mä rä wän scheibst, kumm ich scho nauf üwän Knock.
Wenn Du mir ein wenig schiebst, komme ich schon hinauf über den Wegbuckel.

Kreichst = kriechst
Kreichst zeäscht nauf bis am eewän Buän.
Kriechst Du zuerst hinauf bis auf den oberen Boden

Beichst = beugst
Noochät beichst Dich niidä und kreichst.
Dann beugst Du Dich nieder und kriechst ...

Fleichst = fliegst
hintä bis zän Taumschloog. Un wännst an Schloog afmåchst, noochat
fleicht des gungä Paarl scho naus.
... hinter bis zum Taubenschlag. Und wenn Du den Schlag aufmachst,
dann fliegt das junge Paar schon hinaus.


AA = Ei

Das gedehnte "A" in der Mundart wurde vielfach zu einem "Ei" in der Schriftsprache. Doch die
Wörter in der Mundart sind die älteren Formen unserer Sprache. Wir schreiben in der Mundart
die gedehnt ausgesprochenen Selbslaute durch Verdopplung. Beispiele:

Host kaanä Aa?
Hast Du Eier?

Ich hoo ka aazichs Aa
Ich habe kein einziges Ei.

A aa aaa
Ein Ei auch ...

Naa, zwaa heet ich ärä braucht und Du host kaanä?
Nein, zwei hätte ich gebraucht und Du hast keine?

Aff dä Haad wext ka Draat
Auf der Heide wächst kein Getreide

Wänn deä aallaaz is, is ä neet haagl, do safft ä's letztä Naaghäl
aa nuch aas.

Wenn der alleine ist, dann ist er nicht heikel, dann trinkt er das
letzte Neiglein auch noch aus.

Haamlich ruppt ä dän Waaz oo
Heimlich rupft er den Weizen ab.

Wännst dähamm soot Haazing host, kast oftsoot aahazn.
Wenn Du zuhause genug Heizung hast, kannst Du öfter einheizen.

Bist scho haamäsch wuan? Naa, ich hoo mich nuch neet aagwät!
Bist Du schon heimisch geworden? Nein, ich habe mich noch nicht eingewöhnt.

Baa tu mä wee, dass ich nimmä bis zän Blaachplåtz kumm
Die Beine schmerzen mir, so dass ich nicht mehr bis zum Bleichplatz komme.

Ich gee däwal aamkorn. Des Klaad schlaaft untn aaf.
Ich gehe inzwischen einkaufen. Das Kleid schleift unten auf.

Wänn ign heet gnumma, dees wa wos Schaalichs wuän. Gutz no ämol hii,
wie deä Aamä tschiält!
Wenn ich ihn genommen hätte, wäre etwas Schauerliches passiert. Schau nur
mal hin, wie aus dem Eimer das Wasser davonrinnt!


Ei = IE, EU oder ÄU

Das EI hat sich in der Mundsprache erhalten, während es sich in der Schriftsprache zu
einem IE, EU oder ÄU veränderte. Beispiele:

nei, neinä, miä håm nei neie Kalwlä kricht
neun, neune, wir haben neun neue Kälber bekommen

D' Leit håmms gsoocht u min Leinän mumä askummä
Die Leute habens gesagt und mit den Leuten muss man auskommen.

heit, heitzätooch is ålläs ånnäscht
heute, heutzutage ist alles anders

Kreizä, di poä Kreizä sän båll vätåå
Kreuzer, das wenige Geld ist schnell weg

mach's kreiz! neibägiärich, zeich
Mach das Kreuzzeichen! neugierig, Zeug

beich dich noo! Deä väleist nuch sein Väschtand!
Beug dich nieder ! Der verliert noch seinen Verstand.

Eä leit än Bett. Do hoo wich gschpeit
Er liegt im Bett. Da habe ich gespien.

Hiä raaf, du väleist däbaa! Meizäl, wo bist än?
Hör auf, du verlierst dabei! Miezl, wo bist denn?

Dän Woogn däzeist du net. Deä zeit dees weg wi nix.
Diesen Wagen bezwingst Du im Ziehen nicht. Der zieht das weg, als wäre es nichts!


Aa = Au

Aus einem Aa ist ein Au im Schriftdeutschen geworden.

Do woä ä Aaachichä däbaa
Da war ein Einäugiger dabei

Miä hot wos Schaalichs traamt
Ich habe etwas Schauriges geträumt

Måch hålt da Mall aaf! Dän hängt d' Mallip roo!
Sag halt etwas / Mach Deinen Mund auf! Der lässt die Lippen hängen!

Miä hot wos Schaalichs traamt
Ich habe etwas Schauriges geträumt

Aaftritt - Schwoäzbiä gitt's heiä hafntweis.
Haustürstein/Auftritt - Heuer gibt es Unmengen Schwarzbeeren

Den Tigl musst bessä aasgråtzn!
Den Tiegel musst Du besser auskratzen!

Deä is aasgråzt!
Der ist geflohen!

daamäsch - dummädaamäsch
taumelig - dumm (als Bezeichnung für verdreht/durcheinander) und
taumelig = verdreht und taumelig

Aa väwaa!
Ach warum!

Väwaa host än dees gmåcht? - No aaväwaa.
Warum hast Du denn das gemacht? - Nun darum!

d' Schul is aas / Die hoots aasgmåcht / Suä hamm mäs aasgmåcht
Der Unterricht ist beendet / Deren Leben ist zuende / So haben wir es
beschlossen

graa / Deä siät gånz graa aas!
grau / Er ist krank- er sieht ganz bleich aus!


Aa = E, Ä

Aus einem langen Aa in der Mundart wird ein E oder Ä in der Schriftsprache

Pfaa, Pfaadäl, Schaa, ä Schaadäl, oschaaä
Pferd, Pferdchen, Schere, kleine Schere, abscheren

schwaa, deä is schwaa dråå, schwaahaarärich
schwer, der ist schlimm dran, schwerhörig

laa, des is laa, oolaa, aslaa, as la an
leer, das ist selbstverständlich, ableeren, ausleeren, ohne Einsatz spielen

Zaagn, Do sanärä Zaagn kummä
Zären/Tränen, Da fing sie an zu weinen

äs faat grod äwäng
es nässt bloß etwas daher

Daaml, Schpaalä, draa, saaä, schpaatä
dämlicher Kerl, Späne, drehen, sähen, später

Nachtn, laanä, gaach, am gaachstn
gestern Abend, lehnen, jäh, am jähesten


Einschub von "ä" oder "dä"

Wenn in der Schriftsprache zwei Konsonanten (Mitlaute) zusammenstoßen, so trennt die
Silberbacher Mundart die beiden durch einen klangvollen Trüblaut "ä", dem sie meist ein
"d" voransetzt.

Jedärä Nåcht ballt ä Hund
In jeder Nacht bellt ein Hund

In einärä Tuä bumbat's!
In einer Tour poltert es!

Meitooch ham mä ka Buttäräbrot ghat.
Niemals hatten wir Butterbrot bekommen.

ållädähånd, anädälei, nochäränånnä, hinnäränånna, naufäränoo
Allerhand, einerlei, nacheinander, hintereinander, hinauf und hinab